Abgeltungsteuer verstehen und damit geschickt umgehen

Inklusive Rechenbeispiel

Die Abgeltungsteuer ist die größte Komponente der Kapitalertragsteuer und macht die Steuerlast maßgeblich aus. Im Regelfall beträgt die Abgeltungsteuer 25 % und ist auf Kapitaleinkünfte zu zahlen, sofern der Abgeltungsteuer-Freibetrag überschritten wird. Ausnahmen ergeben sich bei der Steuerlast jedoch für Gesellschaften. Zudem lässt sich die Abgeltungsteuer unter Umständen durch Verluste aus dem Vorjahr senken. Was Kapitalanleger über die Abgeltungsteuer wissen müssen…

Abgeltungsteuer: Höhe abhängig von mehreren Faktoren

Die Höhe der Abgeltungsteuer bemisst sich an dem Gewinn aus Kapitalgeschäften. Zu Kapitalgeschäften gehören u. a. Dividendenzahlungen bei der Geldanlage in Aktien, Zinszahlungen bei einer Investition in Anleihen und Veräußerungsgewinne beim Verkauf von Aktien oder Fonds.

Bei diesen sowie weiteren Kapitalgeschäften gilt stets, dass zur Zahlung der Abgeltungsteuer ein realisierter Gewinn vorliegen muss. Es reicht nicht aus, wenn der Kurs der Aktie steigt; zur Steuerpflicht muss Geld auf dein Konto fließen.

Einnahmen unterliegen bei Privatpersonen der Lohn- oder Einkommenssteuerpflicht; die Kapitalertragsteuer ist eine Sonderform der Erhebung von Lohn- oder Einkommenssteuern. Die Abgeltungsteuer ist wiederum ein Teil der Kapitalertragsteuer.

Bei juristischen Personen (z. B. Gesellschaften wie der UG und der GmbH) verhält es sich anders als bei Privatpersonen: Hier fällt die Körperschaftssteuer an, was sich auf die Höhe der Abgeltungsteuer und somit der Kapitalertragsteuer auswirkt – mehr dazu später.

Gehen wir davon aus, dass du als Privatperson dein Geld anlegst. In diesem Fall beträgt die Abgeltungsteuer für dich 25 %. Eine Ausnahme ergibt sich dann, wenn dein individueller Steuersatz geringer als die Abgeltungsteuer ist. Dann kannst du dir die Differenz rückerstatten lassen.

Leicht verständlich und kompakt: So hoch ist die Abgeltungsteuer für dich und so senkst du sie!

In der Regel liegt die Abgeltungsteuer bei besagten 25 %. Falls du in einem Jahr oder generell wenig verdienst und somit wenig Steuern zahlen musst, kannst du die Höhe der Abgeltungsteuer womöglich reduzieren – Stichwort: Günstigerprüfung.

Bei der Günstigerprüfung beantragst du in der Zeile 4 der Anlage KAP, dass das Finanzamt für dich den steuerlich günstigsten Fall ermittelt. Für zusammenveranlagte Ehepaare gilt, dass beide zusammen die Günstigerprüfung beantragen müssen. Für die Abgeltungsteuer ergibt sich folgendes:

  • Wenn du vermutest oder weißt, dass dein individueller Steuersatz bei weniger als 25 % liegt, beantragst du am besten eine Günstigerprüfung.
  • In dieser Prüfung stellt das Finanzamt fest, ob sich die Bemessung der Abgeltungsteuer nach deinem individuellen Einkommenssteuersatz mehr lohnen würde.
  • Zahlst du z. B. 19 % an Lohn- bzw. Einkommenssteuern, so passt das Finanzamt die Abgeltungsteuer und dadurch die Kapitalertragsteuer an. Es wird günstiger für dich. Das Finanzamt wählt immer die für dich günstigere Variante.

Anstelle von 25 % zahlst du nach der Günstigerprüfung auf den Gewinn aus Kapitalgeschäften beispielsweise nur 19 % Abgeltungsteuer. Da dadurch der Betrag sinkt, reduziert sich die Kirchensteuer – falls du eine Kirchenzugehörigkeit aufweist und überhaupt zahlungspflichtig bist. Der Solidaritätszuschlag entfällt bei geringem Einkommen ohnehin.

Nachdem du nun deine Abgeltungsteuer erfolgreich von 25 % reduziert hast – oder eben auch nicht und sie bei 25 % bestehen bleibt –, machst du den Freibetrag geltend. Für Singles liegt der Abgeltungsteuer-Freibetrag (treffender: Kapitalertragsteuer-Freibetrag) bei 801 €.

Deine gesamten Kapitaleinkünfte bis zu einer Höhe von 801 € musst du nicht besteuern. Bei einer Zusammenveranlagung mit deinem Ehepartner verdoppelt sich der Freibetrag auf 1.602 €. Erst den Anteil des Gewinns, der 801 € bzw. 1.602 € überschreitet, musst du versteuern.

Wenn du weniger als 801 € bzw. 1.602 € einnimmst, wirst du also vollkommen legal die Abgeltungsteuer umgehen. Unter diesen Betrag kannst du auch gelangen, indem du Verluste oder Kosten aus dem Kapitalgeschäft steuerlich mindernd geltend machst.

Weil dein Depot-Anbieter die gesamte Kapitalertragsteuer und dadurch die Abgeltungsteuer für dich abführt (von der Quelle automatisiert abgeführte Steuern werden Quellensteuern genannt; Anm.) musst du zur Inanspruchnahme des Freibetrags einen Freistellungsauftrag einrichten.

Vordrucke zum Abgeltungsteuer-Freistellungsauftrag erhältst du entweder direkt bei deinem Finanzinstitut oder im Internet. Reiche den Auftrag so ein, dass du auch im Falle von Depots bei mehreren Banken insgesamt nur die erlaubten 801 € bzw. 1.602 € Freibetrag der Abgeltungsteuer ausnutzt.

Verluste geltend machen: Die Kunst, durch kluge Kniffe zu sparen

Seit der Reform der Kapitalertragsteuer und Einführung der Abgeltungsteuer ist es nicht mehr möglich, die Kosten fürs Depot bei der Bank oder dem Broker steuerlich abzusetzen. Nach wie vor sind Bearbeitungsgebühren und Bankspesen jedoch zwei Möglichkeiten zu Steuereinsparungen.

Die Kosten, die die Bearbeitung deiner Kauf- oder Verkaufsorder verursacht, kannst du von dem Gewinn durch dein Kapitalgeschäft subtrahieren. Dies mindert die zu versteuernden Kapitalerträge. Ferner sind die Anschaffungskosten von deinen Kapitalerträgen zu subtrahieren.

Außerdem ist der horizontale Verlustausgleich gestattet: Bei ein und derselben Einkunftsart auftretende Gewinne und Verluste darfst du miteinander verrechnen, nicht jedoch Gewinne und Verluste zwischen verschiedenen Einkunftsarten – denn genau das ist mit „horizontal“ gemeint:

  • Wenn du beim Verkauf von Aktien Verluste machst, darfst du diese von den Gewinnen beim Verkauf von Aktien verrechnen, was sich für die Abgeltungsteuer auf Aktien mindernd auswirkt.
  • Du erzielst bei der Geldanlage in Anleihen Einkünfte durch Zinszahlungen, aber Verluste beim Verkauf von Aktien? Diese Gewinne und Verluste darfst du nicht miteinander verrechnen, weswegen die Abgeltungsteuer und somit Kapitalertragsteuer auf Zinsen unbeeinflusst bleibt.
  • Gewinne und Verluste verrechnen: Zinsen mit Zinsen, Veräußerungen mit Veräußerungen. Du dürftest auch Gewinne aus Dividendenzahlungen nicht mit Verlusten aus Aktienverkauf verrechnen. Zwar handelt es sich um dieselbe Art von Kapitalanlage, jedoch nicht um dieselbe Art von Einkünften.

Den horizontalen Verlustausgleich gab es vor der Reform der Kapitalertragsteuer Anfang 2009 nicht. Damals war ein steuerliches Absetzen der Kosten, bei dem die Einkunftsarten „gekreuzt“ wurden, möglich.

Apropos Absetzen der Verluste: Du kannst den Zeitpunkt, zu dem du die Verluste steuerlich geltend machst, bis zu einem gewissen Grad flexibel wählen; entweder die Verluste im laufenden Jahr absetzen oder aber ins letzte oder das nächste Jahr übertragen.

Der Verlustrücktrag ins vorige Jahr ergibt dann Sinn, wenn du dadurch steuerlich größere Vorteile als im laufenden Jahr erzielst. Gleiches gilt für einen Verlustvortrag. Das Jahr, in dem dir die Berücksichtigung der Verluste am meisten bringt, wird zur Kalkulation der Verluste gewählt.

Abgeltungsteuer bei GmbH und anderen Gesellschaften

Wenn eine juristische Person, wie beispielsweise eine GmbH, Einkünfte aus Kapitalgeschäften verzeichnet, werden diese gemäß der Körperschaftssteuer besteuert. Die Körperschaftssteuer beträgt 15 % zzgl. des Solidaritätszuschlags.

Der Grund für diese Sonderregelung besteht in der Tatsache, dass die Körperschaftssteuer selbst eine abgeltende Wirkung hat. Diese Art der Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts wirkt sich also auf die Abgeltungsteuer mindernd aus.

Durch diese Sonderform der Besteuerung sind die betroffenen Unternehmen dazu verpflichtet, die Einkünfte aus Kapitalgeschäften in ihren Jahresabschlussberichten, den Gewinn- und Verlustrechnungen (GUV) sowie Bilanzierungen anzugeben. Im Gegensatz zu Einkünften bei Privatanlegern führt das Finanzinstitut bei Gesellschaften die Abgeltungsteuer nicht ab. Dies müssen die Gesellschaften selbst durchführen.

Abgeltungsteuer und Kapitalertragsteuer: Gemeinsame Betrachtung ist notwendig!

Es ist unerlässlich, die Abgeltungsteuer als wesentlichen Teil der Kapitalertragsteuer immer in Zusammenhang mit dieser zu betrachten. Ein Grund hierfür besteht in der Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer, die wiederum Teil der Kapitalertragsteuer ist.

  • Die Abgeltungsteuer liegt bei 25 %. Gemeinsam mit dem Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer bildet sie die Kapitalertragsteuer.
  • Den Solidaritätszuschlag – sofern du zu dessen Zahlung verpflichtet bist – leitest du von der Höhe des Zahlbetrages bei der Abgeltungsteuer ab.
  • Die Kirchensteuer ist individuell. Sofern du einer Kirche zugehörst, musst du die Kirchensteuer zahlen, die entweder 8 oder 9 % beträgt und die sich von der Abgeltungsteuer absetzen lässt.
  • Diese Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer von der Abgeltungsteuer führt dazu, dass die Abgeltungsteuer anstelle der 25 % bei einem achtprozentigen Kirchensteuersatz 24,5098 % und bei einem neunprozentigen Kirchensteuersatz 24,4499 % beträgt.

Ausführliche und mehrere Rechenbeispiele hierzu findest du in unserem Blogbeitrag über die Kapitalertragsteuer, in dem die Abgeltungsteuer in ganzheitlichem Kontext betrachtet wird. Hier sollte das folgende Beispiel zur Erklärung der Kapitalertragsteuer ausreichen.

Rechenbeispiel zu Abgeltungsteuer und Kapitalertragsteuer

Du bist ein Single und kannst durch die daraus resultierende Einzelveranlagung einen Abgeltungsteuer-Freibetrag in Höhe von 801 € beantragen. Dein Gewinn – nach Abzug der Anschaffungskosten und Ordergebühren – aus Aktienverkäufen beträgt 988 €.

801 € musst du nicht versteuern, weswegen von 988 € Steuerpflicht lediglich 187 € übrigbleiben – wie du siehst: Ein Abgeltungsteuer-Freistellungsauftrag macht sich bezahlt. Diese 187 € unterwirfst du der Kapitalertragsteuer, wobei du keinen Solidaritätszuschlag zahlen musst.

Deine Kirchenzugehörigkeit und dein Wohnort in Niedersachen haben einen Kirchensteuersatz von 9 % zur Folge. Die Kirchensteuern, die du zahlen musst, führen aufgrund der Abzugsfähigkeit von der Abgeltungsteuer zu einer Abgeltungsteuer von 24,4499 % in unserer Rechnung.

Nochmals zur Erklärung dieser Zahlen: Ja, normalerweise ist die Abgeltungsteuer 25 %, doch in dieser Rechnung werden die 24,4499 % genutzt, um sich das Leben zu erleichtern. Durch die direkte Berücksichtigung der Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer von der Abgeltungsteuer bleibt ein weiterer Rechenschritt im Nachhinein erspart.

Aus ähnlich praktischem Denken resultiert die Zahl 2,2005 % bei der Kirchensteuer: 2,2005 % wird genutzt, weil dies dem Anteil der Kirchensteuer an dem Veräußerungsgewinn entspricht, denn die 9 % Kirchensteuer beziehen sich nur auf den Betrag, der bei der Abgeltungsteuer gezahlt werden muss.

So hoch ist die Kapitalertragsteuer bei einem Kirchensteuersatz von 9 % und ohne Verpflichtung zur Zahlung des Solidaritätszuschlags.

Rückblick: Einführung der Abgeltungsteuer – Was sich geändert hat und wie es einzuordnen ist

Vor der Einführung der Abgeltungsteuer am 1. Januar 2009 wurde der individuelle Einkommenssteuersatz herangezogen, um die Höhe der Steuern auf Kapitalerträge zu ermitteln. Falls zwischen Erwerb und Veräußerung mehr als ein Jahr lag, fielen gar keine Steuern an.

Zudem war vor der Einführung der Abgeltungsteuer kein horizontaler Verlustausgleich verpflichtend. Es war erlaubt, Verluste aus dem Aktien- oder Fondsverkauf mit Gewinnen aus Zinseinkünften zu verrechnen.

Heute stellt sich die Sachlage anders dar: Mit der Abgeltungsteuer trat die Pflicht ein, Kapitalerträge unabhängig von deren Haltedauer zu versteuern. Die Verpflichtung zur Zahlung dieser Steuern ließe sich grundsätzlich als kritisch betrachten, jedoch sanken die Einnahmen des Staates durch die Reform.

Maßgeblich zur Senkung der Staatseinnahmen trug bei, dass mit der Reform eine Senkung der Steuern einherging: Wenn Steuern gezahlt werden mussten, lagen sie statt bei 30 % (Zinsabschlagsteuer) und 35 % (bei Tafelgeschäften) nun bei den einheitlichen 25 %.

Ob nun eine steuerliche Entlastung der Kapitalanleger vorliegt oder nicht, ist individuell zu erörtern und strittig. Fakt ist, dass die automatisierte Abführung der Kapitalertragsteuern und somit der Abgeltungsteuern durch die Finanzinstitute zumindest den bürokratischen Aufwand für Anleger gesenkt hat. Somit lässt sich der Einführung der Abgeltungsteuer auch Positives abgewinnen.

FAQ-Bereich mit Einzelfragen zur Abgeltungsteuer

Abgeltungsteuer: Aktien vor 2009 gekauft – welcher Steuersatz gilt?

Personen, die vor der Einführung der Abgeltungsteuer Aktien vor 2009 gekauft haben, dürfen diese gemäß der früheren Regelung steuerfrei verkaufen. Dieselbe Regelung gilt auch im Hinblick auf die Abgeltungsteuer für Fonds, die vor 2009 gekauft wurden.

Entfällt für mich bei der Abgeltungsteuer der Solidaritätszuschlag 2021?

Mit der Abschaffung bzw. Reduzierung des Solidaritätszuschlags 2021 entfällt für viele Kapitalanleger bei der Abgeltungsteuer der Solidaritätszuschlag. Dann bilden nur noch die Abgeltungsteuer und der individuelle Kirchensteuersatz die zu entrichtende Kapitalertragsteuer.

Ob der Solidaritätszuschlag für dich entfällt, hängt von deinem zu versteuernden Einkommen ab. Die Grenze, bis zu der kein Solidaritätszuschlag gezahlt werden muss, ist seit dem 1. Januar 2021 für Singles bei 73.000 € und für zusammen Veranlagte bei 151.000 € Brutto-Jahreseinkommen angesetzt.

Wie ist die Abführung und Höhe der Abgeltungsteuer im Ausland geregelt?

Falls du Kapitalerträge durch Kapitalanlagen im Ausland erzielst, bist du selbst zu der Abführung der Steuer verpflichtet. Weil die ausländischen Finanzinstitute im Gegensatz zu den inländischen Instituten die Steuer für dich nicht abführen, musst du diese in deine Steuererklärung eintragen.

Was die Höhe der Abgeltungsteuer in Europa anbelangt, so liegt Deutschlands Satz mittig: Schweden und Finnland beispielsweise haben mit 30 bzw. 28 % Abgeltungsteuer höhere Sätze, während z. B. Polen und Tschechien mit 19 respektive 15 % geringere Sätze aufweisen.

Kann man die Abgeltungsteuer zurückholen?

Über die Steuererklärung kannst du zu Unrecht gezahlte Abgeltungsteuer zurückholen. Sollest du beispielsweise vergessen haben, eine Freistellung zu beantragen, kannst du dies nachholen. Zudem ist der Verlustrücktrag ins vorige Jahr eine Möglichkeit, Verluste rückwirkend geltend zu machen.

Wann führt Bank Abgeltungsteuer ab?

Eine inländische Bank für die Abgeltungsteuer als Quellensteuer sofort ab, nachdem du Gewinne aus Kapitalgeschäften realisiert hast und diese ausgezahlt werden. Daher ist es wichtig, dass du zum Ausnutzen des Abgeltungsteuer-Freibetrags von Vornherein einen Auftrag bei deiner Bank eingereicht hast.

Fazit

Die Abgeltungsteuer ist ein Teil der Kapitalertragsteuer und in diesem Zusammenhang zu bewerten. Durch Freistellungsaufträge, Verlustvorträge und ggfs. die Günstigerprüfung sparst du an Steuern ein.

Abgesehen davon solltest du den Verkaufszeitpunkt deiner Aktien zur Realisierung von Gewinnen mit Bedacht wählen. Versuche, Gewinne so zu realisieren, dass du möglichst geringe Steuern zahlst. Die Rechenanleitungen und Tipps zum Steuern sparen in diesem Artikel werden dir dabei helfen.